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Der "Goldene
Brief"
Als letzten Brief der Armeezeit schickte man
ungefähr 3-4 Tage vor der Entlassung einen "Goldenen Brief" nach Hause. Alles, was man zum letzten Mal während
des Wehrdienstes tat, war "golden": die "goldene Schicht", das "goldene
Frühstück" usw.
Etliche von denen, die aus beruflichen Gründen weiter in Treffurt blieben,
konnten diese Wort um die Entlassungszeit herum nicht hören und gingen oft
"durch die Decke", wenn sie auch nur ansatzweise "gold..." hörten.
Deshalb wurden diese "Goldenen Briefe" auch dem Schreiber persönlich
übergeben, der diese dann zur Post brachte.
Für diesen "goldenen Brief" gabt es etliche
Rituale, die unbedingt einzuhalten waren:
-
Der Brief musste natürlich wirklich
goldfarben aussehen. Also wurde selbst gebastelt.
-
Zum Frankieren mussten 18 Briefmarken (= 18
Monate) im Gesamtwert von 5,40 M (= 540 Tage) verwendet werden.
-
Als Absender wurde "In die Reserve
versetzt!" angegeben.
-
Eine Grenzsäule, das Datum des "Heimgangs"
und irgend etwas Typisches von Treffurt sollte auf dem Umschlag sein.
(Das Abziehbild von Treffurt hat leider etwas
gelitten.)
In den Umschlag kamen alle möglichen und
unmöglichen, sinnigen und unsinnigen Erinnerungen an den Wehrdienst und die Stadt Treffurt, z.B.
Fotos, HG-Urkunde, Fotokopien (richtige auf Fotopapier), selbstgestaltete Karten mit Abziehbildern von Treffurter
Sehenswürdigkeiten:
Heimgänger-Urkunde
(für Großansicht bitte klicken)
Klappkarte Vorderseite
Klappkarte Innenteil
Klappkarte Rückseite
Inhaltlicher Bestandteil des Briefes war
natürlich auch die unvermeidliche "Legende von Treffurt", die mit ähnlichem
Text sicher durch alle geographischen Regionen und Waffengattungen
geisterte.
Ich möchte auch niemandem die künstlerisch wertvolle, selbstgestaltete
Originalüberschrift vorenthalten.
Am Rande von Treffurt ein Grenzer stand,
gestützt auf die Knarre, den Blick in den Sand
"Was hab' ich verbrochen, was hab' ich getan,
dass ich hierher nach Treffurt kam?"
Kennst du den Ort, wo man niemals lacht,
wo man aus Menschen Idioten macht,
wo man verliert an Kraft und Tugend,
das ist Treffurt - das Grab meiner Jugend.
Was hab' verbrochen, dass ich hier sein
muss?
Alle 12 Wochen von der Freundin 'nen Kuss,
und trinkt man ein Bier, dann schlägt's halb 10
und dann heißt es: "Genossen, wir müssen jetzt geh'n."
Wir fahren nach Hause auf staatseigne Kosten
und lassen die Flinte im Spind verrosten.
Wir fahren nach Hause in eine bessere Zeit
und die nach uns kommen, die tun uns heute schon leid.
Hier hab' ich gestöhnt, ganz selten gelacht
und dabei an die Freiheit gedacht,
und sollt' ich den Dienst als Mensch übersteh'n;
so werd' ich nie sagen "Die Armee, die war schön."
Ende April ist die Zeit dann geschafft,
ich habe die 18 Monate gebracht.
Dann fahr' ich mit der Gewissheit heim:
"Für mich gibt es nur noch Urlaubsschein!"
Ein Grenzer am Bahnhof stand,
er hält die Tasche fest in der Hand,
er grüßt den Spieß und den KC nicht mehr,
die Parole heißt Heimgang und nie wieder hierher!
Ich bitte alle Treffurter, diese Zeilen nicht
so bitterernst zu nehmen ;-),
Treffurt war eigentlich ein schönes und nettes Städtchen, dass ich aber
lieber unter zivileren Umständen kennengelernt hätte. |
Und natürlich durfte die Collage mit den
Köpfen der Hauptdarsteller nicht fehlen. Neben dem eigenen Jahrgang HG 84/I
liegt mir auch die Collage unserer Vorgänger von HG 83/II vor:
HG 83/II
HG 84/I
Nachdem dieses wichtigste Dokument des
Wehrdienstes ordnungsgemäß angefertigt und abgeschickt worden war, stand dem
Heimgang nichts mehr im Wege.
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